Erste Hilfe für psychische Gesundheit: Das Schlimmste ist, nichts zu tun

Seit 2024 bietet die Hochschule für Gesundheit Freiburg (HfG FR) einen Erste-Hilfe-Kurs für psychische Gesundheit an. Viele Menschen wissen, wie sie in körperlichen Notfällen Erste Hilfe leisten können. Doch wie man bei psychischen Notfällen richtig reagiert, wissen nur wenige.
Domingas Ribeiro und Marco Matrascia am Kurs für das POA am 3. Oktober 2024

Im Kurs der HfG FR lernen die Teilnehmenden, mit oder ohne medizinische Erfahrung, wie sie reagieren können, wenn Personen in ihrem privaten oder beruflichen Umfeld Anzeichen für eine psychische Belastung zeigen. Sie werden in die Lage versetzt, zum Beispiel Anzeichen für Traurigkeit, Stimmungstiefs oder Antriebslosigkeit voneinander zu unterscheiden und Erste Hilfe zu leisten.

Wenn auf der Strasse jemand hinfällt, helfen wir. Dasselbe sollten wir tun, wenn Menschen mit Problemen kämpfen, die ihre psychische Gesundheit gefährden. Psychische Gesundheitsprobleme sind nicht immer mit einer unmittelbaren Lebensgefahr verbunden. Sie führen aber immer zu einem Unterstützungsbedarf. Unabhängig von der Schwere des Problems werden helfende Personen zu einem Kontaktpunkt, einem Teil der Rettungskette.

Marco Matrascia, Dozent und Co-Leiter des Erste-Hilfe-Kurses für psychische Gesundheit

Auf Anregung von Jacques Genoud, Generaldirektor der HES-SO Freiburg, und Nataly Viens Python, Direktorin der HfG FR, liessen sich Marco Matrascia und Domingas Ribeiro, zuständig für den psychologischen und sozialen Unterstützungsdienst HELP, im australischen Programm ENSA schulen. Die Schweizer Version davon wird von der Stiftung Pro Mente Sana durchgeführt.

Dieser neue Ansatz ermutigt Menschen, selbst zu handeln, auch durch kleine Gesten, und gibt ihnen die nötigen Werkzeuge an die Hand. Denn das Schlimmste ist, nichts zu tun.

Domingas Ribeiro, Dozentin und Co-Leiterin des Erste-Hilfe-Kurses für psychische Gesundheit

Im Jahr 2023 fand ein Pilotkurs mit dem Amt für Personal und Organisation (POA) statt. Die Teilnehmenden – Schlüsselpersonen des Staates Freiburg – absolvierten den Kurs, um seine Zweckmässigkeit zu beurteilen. Der Erfolg war so gross, dass zwei Kurse in das interne Weiterbildungsangebot des Staates aufgenommen wurden, das sich vor allem an HR-Mitarbeitende und Abteilungsleitende richtet. Seither ist der Erste-Hilfe-Kurs auch integrierender Bestandteil des Weiterbildungsangebots der HfG FR

Domingas Ribeiro erklärt: «Sie haben das Recht, und sogar die Pflicht, einer Person in einer schwierigen Situation zu helfen. Diese wiederum hat das Recht, die Hilfe abzulehnen. Die Schulung klärt die Grenzen der Ersthelfenden für psychische Gesundheit und vermittelt Sicherheit».

Der Kurs fördert eine Kultur der gegenseitigen Unterstützung und soll so Ausfälle verhindern und krankheitsbedingte Abwesenheiten reduzieren. Er richtet sich an die Gemeinschaft und hat zum Ziel, alle zum Handeln zu befähigen, Gespräche über psychische Gesundheit zu normalisieren und den Teilnehmenden die Angst vor Fehlern zu nehmen, wie Marco Matrascia verdeutlicht: «Bei einer Herzdruckmassage besteht das Risiko, dass wir der Person die Rippen brechen. Das ist aber immer noch besser, als nichts zu tun.»

Marco Matrascia und Domingas Ribeiro haben bereits zwei neue Termine in das interne Weiterbildungsangebot des Staates Freiburg und in das Programm der französischsprachigen Weiterbildungen der HfG FR aufgenommen.