ABCDE-Schema bei Stürzen in Pflegeheimen

Trotz Fortschritten in der Prävention, wie die Berücksichtigung von Polymedikation und die Einführung von Instrumenten zur Risikobeurteilung, bleiben Stürze in Pflegeheimen eine grosse Herausforderung. Auf Anfrage eines Pflegeheims, das an der von der Hochschule für Gesundheit Freiburg (HfG FR) angebotenen ABCDE-Weiterbildung teilgenommen hat, wurde eine Weiterbildung zur Patientenversorgung bei Stürzen ausgearbeitet. Ziel war die Anpassung des ABCDE-Schemas, um die Reaktionsfähigkeit des Pflegepersonals und die Ursachenanalyse zu verbessern, um erneuten Stürzen besser vorbeugen zu können.

Beim Sturz einer Heimbewohnerin oder eines Heimbewohners ist umgehende Hilfeleistung entscheidend. Dabei darf sich die Beurteilung jedoch nicht darauf beschränken, die betroffene Person auf sichtbare Verletzungen abzusuchen. Ein Sturz kann ein Hinweis auf ein kardiovaskuläres, neurologisches oder metabolisches Ereignis sein, das eine genaue Abklärung erfordert. Mit dem ABCDE-Schema lassen sich Warnzeichen frühzeitig erkennen und eine adäquate Versorgung sicherstellen. Zudem kann der Fokus auf die Analyse der Faktoren gelegt werden, die zum Sturz geführt haben. Mit gewonnenem Abstand kann das Pflegepersonal so die spezifischen Risiken identifizieren und konkrete Massnahmen treffen, um erneute Stürze möglichst zu vermeiden.

Ein Hauptnutzen der Weiterbildung «ABCDE: Approche systémique pour développer les compétences en cas de chutes» liegt in der Anwendung eines gemeinsamen Ansatzes innerhalb der Pflegeteams. Durch eine strukturierte Versorgung gestürzter Personen nach einem gemeinsamen systematischen Reasoning fördert dieser Ansatz ein besseres Verständnis solcher Situationen, verbessert den Informationsaustausch zwischen den Gesundheitsfachkräften und stellt dadurch eine effiziente Pflegekontinuität sicher.

Diese zweitägige Weiterbildung bietet einen ausgewogenen Mix aus Theorie und Praxis. Nach einem ersten Tag, der sich den ABCDE-Grundlagen bei Stürzen widmet, tauchen die Teilnehmenden am zweiten Tag in realistische Szenarien ein, um die für eine effiziente Beurteilung notwendigen Reflexe zu verinnerlichen. Der Schwerpunkt liegt im Clinical Reasoning bei der umgehenden Versorgung einer gestürzten Person sowie im damit verbundenen, konkreten Entscheidungsprozess: Soll die gestürzte Person mobilisiert werden oder soll zuerst eine medizinische Einschätzung abgewartet werden? Genügen Wundnahtstreifen oder ist eine weitergehende Versorgung nötig? Ziel ist es, eine an die Gegebenheiten in der Praxis angepasste Versorgung zu verinnerlichen und eine strukturierte Reflexion für eine bessere Risikoprävention sicherzustellen.

Der erste Kurs mit 12 in demselben Pflegeheim arbeitenden Teilnehmenden war ein grosser Erfolg. Die Feedbacks lassen auf eine bessere Strukturierung des Clinical Reasoning und mehr Selbstvertrauen in der Beurteilung von Stürzen schliessen. Zudem zeigen sie eine bessere Kommunikation innerhalb des Teams und mit der Ärzteschaft auf, was die Versorgungskoordination weiter stärkt. Diese Ergebnisse bestätigen die Wichtigkeit dieser Weiterbildung und das Interesse, sie auf andere Einrichtungen auszuweiten, die dieselben Herausforderungen kennen.